Der Schatz vom Silberberg? Ist leicht zu heben. Man braucht nur mit dem Sessellift gemütlich in Richtung des 955 Meter hohen Gipfels des Hausbergs von Bodenmais zu schweben. Und schon kann man auf der Sommerrodelbahn rasant wieder in die Tiefe jagen, kann auf einem Naturlehrpfad wandeln, sich im Klettergarten und auf dem Abenteuerspielplatz austoben, kann im Heilstollen gesunde Luft einatmen, im Winter über alpine Skipisten schwingen, in verschiedenen Lokalen einkehren und das historische Besucherbergwerk erforschen.
Dort erfahren die Besucher, dass am Silberberg einst Eisenoxyd und Vitriol abgebaut wurden, ganz früher auch Bleiglanz, aus dem Silber herausgeschmolzen wurde – daher der Name. Bis 1962 definitiv Schicht im Schacht war. Heute besteht der Schatz des Silberbergs aus seinem üppigen Freizeitangebot. Er ist nicht nur der Hausberg, sondern auch der „Erlebnisberg“ von Bodenmais, dem vermutlich beliebtesten Urlaubsort im Bayerischen Wald.
Ohne Tourismus wären wir ein verlassener Grenzort ohne Bäcker, Kinder, Schulen
3.600 Menschen leben hier, 400 davon vermieten an Gäste. In den insgesamt 5.600 Gästebetten haben 2022 über 800.000 Übernachtungen stattgefunden. Es gibt große Wellness-Hotels und familiäre Pensionen, außerdem Pils-Pubs und Restaurants, Netto-Märkte, Werkstätten und einen Kurpark. Doch wie sähe es hier, zehn Kilometer von der tschechischen Grenze und 35 vom nächsten Autobahnanschluss entfernt, ohne Tourismus aus? Joachim „Joli“ Haller schüttelt da nur den Kopf.
Joli ist Bürgermeister von Bodenmais und kennt den Ort perfekt. „Ohne Tourismus“, sagt er und zeigt auf den Ort, der sich am Fuße des Silberbergs in einem von Wald und Wiesen durchsetzten Tal ausbreitet, „stünde da nur die Hälfte der Häuser. Wir wären ein verlassener Grenzort. Keine Kinder, keine Schulen. Kein Bäcker und kein Metzger, denn dafür wären wir zu klein. Ohne Tourismus“, schließt er, „gingen bei uns die Lichter aus.“
Denn nach dem Zweiten Weltkrieg hatte es zunehmend duster ausgesehen hier. Man war weitab vom Schuss, „im Woid“ eben, eine Tagesreise von München entfernt. Gewerbeansiedlungen? Dafür fehlten ebene Flächen. Landwirtschaft? Dafür waren die Böden zu karg. Bodenmais drohte, zum Armenhaus Deutschlands zu werden. Die Leute zogen weg. Bis ein legendärer Bürgermeister in den 1950er-Jahren auf den Tourismus als einzig mögliche Zukunft setzte.
Heute herrscht wegen der Gäste Vollbeschäftigung. 1.700 Arbeitsplätze hingen direkt am Tourismus, berichtet Joli – nicht nur in der Hotellerie, sondern auch in Handel, Handwerk und Dienstleistungen. Es pendeln mehr Arbeitnehmer nach Bodenmais hinein denn hinaus. Und die Geschäftswelt floriert. In der Apotheke von Michaela Herzinger zum Beispiel, wo sich die Gäste gerne mal den Blutdruck messen lassen und sich mit selbst gerührten Salben und Cremes eindecken. Oder in der Metzgerei Eisele, wo die Hälfte des Umsatzes mit Touristen gemacht wird und regelmäßig ein „Weißwurst-Seminar“ stattfindet, an dem auch Bodenmaiser gern teilnehmen.
In einem kleinen Ort ohne Tourismus hier im Woid hätte ich keine Apotheke aufgemacht
Auch sonst profitiert die örtliche Bevölkerung vom touristischen Angebot. Vom perfekt sanierten Hallen- und Freibad etwa oder vom Vital-Zentrum, das jede Woche 25 kostenlose Kurse anbietet. „Das lässt sich unsere Marktgemeinde etwas kosten“, sagt Joli. Auch mit Gratis-Musikunterricht oder einem Jugendzentrum mit Personal würden die Einheimischen gepäppelt. „Welche kleine Gemeinde kann sich das schon leisten? Da kapieren dann auch die jungen Leute, dass der Tourismus etwas Positives ist.“
Natürlich kämpft auch Bodenmais mit den Herausforderungen eines erfolgreichen Tourismusorts – wenig Wohnraum für Arbeitskräfte und junge Familien, manchmal Staus und überfüllte Wanderparkplätze. Doch an der Lösung ist die Gemeinde schon dran – mit Parkraumsensorik, im Internet ausgespielten Live-Daten und verstärkten Ortsbuslinien etwa.
Wir haben ja keine Industrie. Da musst du schon nach Dingolfing zum BMW. Und das ist weit
Jetzt muss nur noch das historische Ortszentrum wiederbelebt werden, das wie in vielen Kleinstädten verwaist ist und unter Leerstand leidet. Doch auch hier gibt es vielversprechende Projekte, entwickelt zusammen mit den Bodenmaisern selbst: neuer Wohnraum, Parkmöglichkeiten, eine Freilichtbühne für Spontan-Events. Denn in Bodenmais sollen sich ja nicht nur die Besucher wohlfühlen, sondern auch die Einheimischen.
Erfahre hier mehr über die positiven Auswirkungen des Tourismus.
Ein absoluter Pflichttermin für mich ist es, den Sonnenuntergang auf dem Silberberg zu genießen. Am besten mit einem Drink an Herberts Bar.
Im Winter gehe ich gerne mit Schneeschuhen oder Tourenskiern auf den Großen Arber. Rund um den Berg gibt es viele tolle Routen für Einsteiger und Könner.
Wenn ich mal keine Lust auf die bayerische Hausmannskost in unserem Erlebnisrestaurant habe, gehe ich gern in die Pizzeria Adria in Bodenmais. Da ist es gemütlich – und der Chef kocht noch selbst!
Nach einem stressigen Arbeitstag powere ich auch mal mit dem Mountainbike durch unsere Wälder. Gerade die Wege rund um das Alte Forsthaus sind dafür perfekt.
Mit meinem Hund Loui wandere ich gerne zum Hochfall. Man läuft die ganze Zeit herrlich an einem Bach entlang und hat zum Abschluss einen tollen Blick auf den Hochfall.
© Marco Felgenhauer/Tourismus Bodenmais; Severin Wohlleben (3); JOSKA